High Coast Interview

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Ein Blick hinter die Kulissen der High Coast Distillery in Schweden

Ein Interview mit Roger Melander, dem Master Distiller einer Perle des Nordens. 

Inmitten des malerischen schwedischen Hochlands, rund 500 km nördlich von Stockholm, liegt die High Coast Distillery – ein Ort, der sich nicht nur durch seine spektakuläre Lage am Fluss Ångermanälven auszeichnet, sondern auch durch seine besonderen klimatischen Bedingungen, die einen direkten Einfluss auf die Reifung des Whiskys nehmen. Ich hatte das Vergnügen, den Master Distiller Roger Melander während des High Coast Whisky Festivals zu treffen – trotz vollem Terminkalender nahm er sich Zeit für ein Gespräch.


Whiskyherstellung in Schweden: Möglichkeiten & Herausforderungen

Die rechtlichen Grundlagen für schwedischen Whisky sind erstmal dieselben wie in der EU – mindestens drei Jahre Reifung in Holzfässern. Während in Schottland seit 1989 ausschließlich Eichenfässer erlaubt sind, dürfen schwedische Destillerien auf andere Hölzer wie Kastanie zurückgreifen. Das eröffnet kreative Freiheiten in der Reifung.

Mein erster Eindruck beim Betreten des Besucherzentrums der High Coast Distillery war „Wow schön hier! Geschmackvolle Kleidung mit Markenlogo in dunkelblau, dazu passende Acceccoirs wie Trinkflaschen und Regenschirme…“ – Nur irgendetwas fehlte hier. Richtig! In einer Whisky Brennerei gibt es doch in der Regel reichlich Whisky zu kaufen. Nur hier stehen keine Flaschen in den Regalen.

Schwedisches Alkoholmonopol: Kein Whisky im Destillerie-Shop

Grund dafür ist eine Besonderheit in Schweden: Das staatliche Alkoholmonopol. Alkoholische Getränke dürfen nur über das Systembolaget verkauft werden – ein staatlich reguliertes Netz von Verkaufsstellen. Kleinere Destillerien dürfen seit Kurzem unter strengen Auflagen direkt vor Ort verkaufen. Für größere Produzenten wie High Coast (über 75.000 Liter jährlich) gilt dies jedoch nicht – zumindest noch nicht. Eine Gesetzesüberprüfung in den nächsten Jahren könnte dies ändern. Wir drücken die Daumen, denn mein Gefühl in Schweden ist, dass dieses Verbot vielen Whiskymachern große Steine in den Weg legt. Daher haben wahrscheinlich auch viele Brennereien kein Besucherzentrum, da dieser doch beträchtliche Mehrwert des direkten Verkaufs wegfällt. High Coast scheint dies jedoch bisher nicht geschadet zu haben. Die Brennerei scheint in einem guten Zustand, auch wirtschaftlich.

Die schwedische Whiskyszene jung und vielfältig – über 20 Destillerien gibt es bereits. Gemeinsam ist ihnen vor allem eines: Leidenschaft. Jeder Betrieb verfolgt seinen eigenen Stil, was die Whiskys aus Schweden besonders abwechslungsreich macht.


Ein Standort mit Charakter – und Herausforderungen

Die Lage der Destillerie beeinflusst den Whisky maßgeblich. Die Kombination aus:

  • ultrareinem, weichem Wasser,

  • extremen Temperaturschwankungen (von -30 °C im Winter bis +28 °C im Sommer)

  • und frischer Luft direkt am Fluss

führt zu einer intensiven Reifung. Der Wechsel zwischen heißen und kalten Phasen sorgt für eine besonders starke Interaktion zwischen Spirituose und Fass – bekannt als additive Reifung.


Die Handschrift des Brennmeisters: Für wen ist High Coast Whisky gemacht?

„Ich mache Whisky für mich selbst – und hoffe, dass andere denselben Geschmack haben.“ – eine ehrliche Aussage des Master Distillers. High Coast positioniert sich im Premium- bzw. im Liebhabersegment und setzt auf Qualität statt Massenproduktion. Produziert wird täglich, in Vollbetrieb – rund 20.000 Fässer lagern aktuell im Warehouse. Dass hier kein Budget-Supermarkt-Whisky hergestellt wird, merkt man auch an Antworten von Roger auf meine Frage wie „was würdest Du ändern?“. Seine Antwort: „Ich würde überall auf der Welt verbieten, dass Whisky gefärbt und kühlgefiltert wird“. Eine echte Whisky-Nerd Antwort.

High Coast stellt ungetorften Whisky her ca. 85 % der Produktion: Malzig, klar, elegant – inspiriert vom japanischen Stil. Ein kleiner Teil wird getorft produziert.
Die Core Range besteht aus:

  • Älv (Reifung in 1st Fill Bourbon Barrels) – Hellfruchtig, mit reichlich Gartenfrüchten und Vanille
  • Hav: Die Website sagt: „Hav besteht aus 76,82 % aus ungetorftem Whisky und zu 23,18 % aus getorftem Whisky. 66,85 % reiften bis zu 5 Monate in kleinen Fässern aus ungarischer und schwedischer Eiche und wurden dann für durchschnittlich 6,09 Jahre in Bourbonfässer umgefüllt. 30,84 % reiften ausschließlich in Bourbonfässern und 2,67 % wurden in 40-Liter-Fässern aus ungarischer Eiche nachgereift.“ Sein Geschmacksprofil ist somit würziger, als das des Älv.
  • Berg: Die Sherry-Bombe der Core Range. Erste Reifung in First Fill Ex-Bourbon mit einer Nachreifung in Pedro Ximenez („PX“) Sherryfässern (unpeated/ ungetorft).
  • Timmer: Die rauchige Variante von High Coast. 100% Peated Malt gereift in First Fill Ex-Bourbon Barrels.Die genauen Rezepturen aller Whiskys könnt Ihr auf der Website einsehen. Auch Bio-Whisky ist im Portfolio, als Blick in die Zukunft.

Der große Traum: Reifung, Geduld und Qualität

Ziel des Brennmeisters ist klar: Langfristig 12- bis 15-jährige Premiumabfüllungen anbieten – aus überwiegend frischen Bourbonfässern. Aktuell baut man kontinuierlich den Fassbestand auf, um diesen Traum zu realisieren. Gleichzeitig wird bereits heute eine beeindruckende Vielfalt an Whiskys angeboten, die sich vor internationalen Vergleichen nicht verstecken muss.


Stolz auf das Erreichte – mit Blick in die Zukunft

Am meisten stolz ist der Master Distiller auf sein Team, die Qualität des Whiskys und den Aufbau der gesamten Produktion. Wenn er sich einen schottischen Partner aussuchen könnte? Dann wäre es ein legendärer Name wie Brora, um die Magie der 1970er wieder aufleben zu lassen – ein klares Zeichen für seine Liebe zu komplexen, klassischen Whiskys.


Fazit: High Coast ist mehr als nur eine Destillerie – es ist ein Statement für nordischen Whisky

Mein Besuch bei High Coast und mein Gespräch mit Roger haben mich sehr neugierig auf den Single Malt gemacht. In Schweden ist High Coast für mich auf den ersten Listenplatz als in Deutschland verfügbarer Repräsentant. Nachdem Mackmyra bei meinem Besuch geschlossen war und bisher auch selten meinen Geschmack getroffen hat, hat es mich besonders gefreut einen schwedischen Vertreter zu finden, der mich angesprochen hat. Wer die Möglichkeit hat, High Coast Whisky zu probieren, sollte es tun. Die Kombination aus klarer Vision, einzigartigem Klima und echter Handwerkskunst macht ihn zu einem Erlebnis, zumindest für mich.


Möchtest du mehr über schwedische oder andere internationale Whiskys erfahren? Schau regelmäßig auf meinem Blog vorbei oder buche eines meiner nächsten Tastings!

Bis später!

Euer Leon